Herz|trans|plantation

heart transplantation

Abbildung

der operative Ersatz eines geschädigten Herzens durch das Herz eines verstorbenen Spenders. Mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 75% (1999) ist die H. inzwischen aus dem Versuchsstadium herausgetreten u. gilt bei entsprechender Indikation als etabliertes Therapieverfahren. Geschichte: Erfolgreiche Versuche der H. beim Tier wurden bereits Anfang dieses Jahrhunderts durch Carrel (Frankreich) u. Guthrie (USA) durchgeführt, später durch Mann (USA) u. Mitarbeiter, der auch als Erster die Abstoßungsreaktion beschrieb (s.u.). Diese Experimente galten weniger einer Anw. beim Menschen als der Erprobung bestimmter Gefäßnahttechniken bzw. der Wirkung von Hormonen am isolierten Herzen. Bahnbrechende Versuche erfolgten später durch Shumway u. Lower 1960 (Stanford, USA). Ohne immunsuppressive Therapie erreichten sie beim Hund nach H. Überlebenszeiten von 21 Tagen. 1967 nahm Ch. Barnard (Kapstadt, Südafrika) die erste H. beim Menschen vor. Barnards erster Patient überlebte den Eingriff 18 Tage, der zweite 21/2 Jahre. Nach Weiterentwicklung der immunsuppressiven Therapie, vor allem nach Einführung des Antilymphozytenserums (ALS) u. später des Ciclosporins stiegen die Überlebenszeiten, die Zahl der Transplantationen nahm sprunghaft zu. Weltweit wurden zwischen 1967 u. 1995 35 956 Herztransplantationen durchgeführt. In der BRD werden jährlich ca. 500–600 Herzen transplantiert. Die erste H. in der BRD nahmen 1968 Klinner u. Sebening vor. Ind. u. Kontraind.: Hauptindikation der H. ist das Finalstadium der dilatativen Kardiomyopathie, an zweiter Stelle steht die koronare Herzkrankheit mit arteriosklerotischen Wandveränderungen aller drei Koronargefäßstämme, aber auch bei schweren, operativ nicht korrigierbaren Herzfehlern kommt eine H. in Frage. Kontraindikationen sind neben schweren Allgemeinerkrankungen (auch Infektionskrankheiten) u. malignen Tumoren im Endstadium die kardiale Kachexie u. ein fixierter pulmonaler Hochdruck. Ein Alter von über 60 Jahren gilt heute nicht mehr als absolute Grenze, erhebliche psychosoziale Probleme können, müssen aber kein Hindernis für eine H. sein. Spenderauswahl: In Frage kommen v.a. Verletzte mit tödlichem Schädel-Hirn-Trauma ohne schwere Schädigung eines oder mehrerer Organsysteme. Die Kreislaufverhältnisse sollten ohne medikamentöse Unterstützung stabil sein, das Alter möglichst nicht über 40 Jahren liegen. Blutgruppengleichheit u. negativer Zytotoxizitätstest sind zwingend. Explantation: Kriterium für die Entnahme eines Spenderherzens ist zuallererst die sichere Todesfeststellung des Spenders. Voraussetzung für eine solche Untersuchung ist in der BRD das Vorliegen eines Organspenderausweises bzw. das Einverständnis der Angehörigen des Verstorbenen. Die Todesfeststellung erfolgt durch zwei Ärzte, die in keinerlei Abhängigkeitsverhältnis zum transplantierenden Herzchirurgen(team) stehen dürfen. Einer der beiden Ärzte muss über eine mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Intensivmedizin verfügen. Der Tod des Patienten gilt als sicher, wenn der Hirntod mit objektiven Mitteln (EEG etc.) festgestellt ist. I.d.R. wird noch unter maschineller Beatmung des Hirntoten das Spenderherz entnommen. Bei der Explantation ist besonders auf die Mitnahme des Sinusknotens als erregungsbildendem Zentrum zu achten. Anschließend wird das Spenderherz mit kalter, kardioplegischer („herzlähmender“) Lösung (4 °C) durchgespült u. in kalter steriler Lösung konserviert.

Technik: Bei der orthotopen H. wird das Spenderherz an der Stelle des erkrankten Herzens implantiert. Das geschädigte Herz des Empfängers wird unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine entfernt, wobei die Vorhofstümpfe nicht mitentfernt werden. Die analogen Strukturen des Spenderherzens werden in die am Empfängerherzen belassenen eingepasst u. mit diesen durch Nähte vereinigt (Abb.). Bei der selteneren heterotopen H. wird das Spenderherz an anderer Stelle, evtl. auch im „Huckepack-Verfahren“ an die großen Gefäßstämme angeschlossen. Das geschädigte Herz verbleibt bei dieser Art der H. im Körper des Patienten. Das Transplantat hat hier nur unterstützende Funktion. Eine heterotope H. kommt bei erheblich erhöhtem pulmonalarteriolärem Widerstand des Empfängers in Betracht. Wegen der mangelhaften Ventrikelkontraktion des verbliebenen Empfängerherzens besteht die Gefahr der Thrombenbildung. Deshalb ist eine lebenslange Antikoagulanzientherapie notwendig. Postoperative Phase: Die Extubation wird meist innerhalb der ersten 6 Stunden nach OP vorgenommen. Während der Wundheilung verbleibt der Patient zunächst auf einer sog. Sterileinheit, einer Intensivstation, die der erhöhten Infektionsgefährdung in der postoperativen Phase Rechnung trägt. Anschließend erfolgt die Verlegung auf eine Normalstation. Abstoßungsreaktion u. Immunsuppression: Ein besonderes Problem stellt die mögliche Abstoßungsreaktion nach der H. dar. Hierfür verantwortlich sind bei der zellständigen Abstoßungsreaktion die T-Lymphozyten u. bei der humoralen Abstoßungsreaktion von Plasmazellen gebildete Antikörper gegen antigene Strukturen des transplantierten Organs. Die Fortentwicklung der immunsuppressiven Substanzen in den letzten Jahrzehnten hat allerdings eine Reduzierung dieser Reaktion ermöglicht. Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang Ciclosporin, ein von dem Pilz Tolypocladium inflatum gebildetes Polypeptid, erlangt. Ciclosporin hemmt die Interleukin-2-Freisetzung, so dass die Aktivierung u. Proliferation der T-Lymphozyten, die bei der Abstoßungsreaktion eine besondere Rolle spielen, zurückgedrängt werden. Neuerdings gelangt auch Tacrolimus, ein Immunsuppressivum, das aus Streptomyces-Pilzen gewonnen wird und um ein Vielfaches wirksamer als Ciclosporin ist, zum Einsatz. Die körpereigene Abwehr durch Granulozyten u. Makrophagen bleibt dabei weitgehend erhalten. In Kombination mit Azathioprin (alternativ Mykophenolat Mofetil) u. meist auch Corticoiden muss Ciclosporin bzw. Tacrolimus nach H. (u. anderen Transplantationen) lebenslang gegeben werden. Die leber- bzw. nierenschädigende Wirkung dieser Substanzen erfordert regelmäßige Blutspiegelkontrollen. Oftmals müssen kurzfristig Dosierungsänderungen vorgenommen werden. Perioperativ werden als Immunsuppressiva außerdem Antilymphozyten- bzw. Antithymozytenglobulin sowie Breitspektrumantibiotika zur Infektionsprophylaxe gegeben. Methoden zur frühzeitigen Erkennung von Abstoßungsreaktionen: Verschiedene nichtinvasive Methoden (z.B. EKG-Techniken, Stress-Echokardiographie (Belastungsechokardiographie) zytologisch-immunologisches Monitoring, Antimyosin-Szintigraphie) sind hilfreich, erreichen jedoch nicht die Aussagekraft der rechtsventrikulären Endomyokardbiopsie (Myokardbiopsie).

Verwandte Themen:

Azathioprin; Barnard; Belastungsechokardiographie; Ciclosporin A; Herzersatz; Herzinsuffizienz; Hirntod, zentraler; HTx; Kardiomyopathie; Mykophenolat Mofetil; Myokardbiopsie; Sinusknoten; Tacrolimus; Transplantation

Ausgewählte Internet-Seiten:

Cardiothoracic Imaging - Yale University School of Medicine
Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie
Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie
European Association of Cardio-Thoracic Surgery

© Urban & Fischer 2003 – Roche Lexikon Medizin, 5. Aufl.